Pressemitteilung

Nachruf auf Mirjam Pressler

Am 16.01.2019 ist Mirjam Pressler, Gewinnerin der Buber-Rosenzweig-Medaille des Jahres 2013, im Alter von 78 Jahren, nach langer Krankheit, in Landshut verstorben.

Mirjam Pressler war eine der erfolgreichsten deutschen Jugendbuchautorinnen. Mit großem Einfühlungsvermögen schilderte sie kindliche Lebenswelten und ließ ihre Leser in die Psyche von sich unverstanden und ausgegrenzt fühlenden Jugendlichen eintauchen. Sie war Chronistin von jüdischen Schicksalen und machte mit ihren Übersetzungen den deutschen Lesern große Werke der hebräischen Literatur zugänglich.

"Ich denke, das ist wirklich keine Aufgabe, aber eine Chance der Literatur: die Erinnerung wachzuhalten." (Mirjam Pressler)

Ein zentrales Thema in ihrem Schaffen war der Nationalsozialismus. Dabei vermied Sie stets Schwarz-Weiß-Darstellungen und schuf in Ihren Geschichten vielschichtige Figuren mit nuancenreichen moralischen Grautönen. Zu ihren berühmtesten Werken zählen die Bücher "Ich sehne mich so" – ein Lebensbild der 1945 im KZ Bergen-Belsen umgekommenen Anne Frank, deren Tagebücher sie aus dem Niederländischen übersetzte – und "Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen" sowie der Roman "Malka Mai".

Der Deutsche Koordinierungsrat betrauert den Tod von Mirjam Pressler. Möge ihre Erinnerung ein Segen sein.

         

Auszug aus der Laudatio von Dr. h.c. Charlotte Knobloch (Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, bis 2010 Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland) anlässlich der Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille an Mirjam Pressler im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung der Woche der Brüderlichkeit im März 2013 in Kassel:

„In mehr als 30 Büchern erinnert Mirjam Pressler an den kindlichen Wunsch, voller Vertrauen die Welt zu erobern – und erschüttert mit den Varianten der Verstörung dieser Unbekümmertheit. Immer wieder ist da jenes traumatische Erleben des Andersseins – vielleicht die schmerzhafteste Erfahrung junger Menschen. Ihre schonungslose und mutige Darstellung ist ein Aufschrei für eine tolerantere Gesellschaft. Ein Happy End findet sich selten. Dennoch glauben wir ihr, dass es immer einen Ausweg gibt. Hoffnungslosigkeit hat keinen Platz in der Welt von Mirjam Pressler. Sie ermutigt zum Befreiungsschlag, dazu, an sich selbst zu glauben. Niemals belehrt sie. Sie beschreibt. Die studierte Kunsthistorikerin ist eine begnadete Erzählerin. Scheinbar mühelos bewegt sie sich in allen Genres – Ausprobieren macht ihr Spaß. […] Mit ihrem Gespür für Sprache bringt sie dem deutschen Publikum nicht nur die hebräische Literatur näher. Sie transportiert eine ganze Welt. Fungiert als Mittlerin, die Fremdheiten abbaut und Raum für Empathie schafft – Verständnis für die differenzierte israelische Gesellschaft.“