Freiheit - Vielfalt - Europa

Ansprache von Pfr. Friedhelm Pieper, evangelischer Präsident des Deutschen Koordinierungsrates, zur Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit, 9. März 2014 in Kiel


Herzlich willkommen hier im Opernhaus der Landeshauptstadt Kiel, die uns heute mit einem bilderbuchhaften Frühjahrstag empfängt!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Exzellenz, sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
- meine sehr geehrten Herren Rabbiner, liebe Mitglieder, Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden,
- sehr geehrte Repräsentanten der christlichen Kirchen, sehr geehrter Herr Weihbischof, sehr geehrter Herr Präses der Landessynode, sehr geehrte Frau Bischöfin,
- sehr geehrte Repräsentanten der muslimischen Gemeinden,
- verehrte, liebe Vertreterinnen und Vertreter der christlich-jüdischen Gesellschaften in Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Freiheit, Vielfalt , Europa! So in diesem Dreiklang würden wir unseren Kontinent Europa gern hören und wahrnehmen. Freiheit, Vielfalt, Europa. - Und so erfahren wir unseren Kontinent auch gern, als einen Raum der Vielfalt.

Eigentlich ist Europa ja gar kein eigener Kontinent, sondern eine kleine zerklüftete Halbinsel am westlichen Rand des eurasischen Erdteils. Und doch, so klein wie Europa ist, ist es doch  zugleich mit einer beeindruckenden Vielfalt ausgestattet. Wo immer wir hinkommen in dem kleinen Europa, wir finden so beeindruckende, ausgeprägte eigene Regionalkulturen vor. Und ist es nicht genau das, was wir lieben und genießen auf unseren Reisen in Europa? Die Sprachen und Dialekte, Speisen und Getränke, Architektur, Literatur und Kunst in enormer Vielfalt.

Zur Vielfalt Europas gehört auch die Geschichte der drei großen abrahamischen Religionen, diese Gabe des Nahen Ostens an das Abendland. Da ist die Geschichte des Judentums, die in Europa älter ist als die des Christentums und die unseren Kontinent immer wieder befruchtet hat. Die Geschichte des Christentums, die Europa besonders geprägt hat -  allerdings nicht immer zum Guten. Und die Geschichte des Islam - von seinem Erbe in Andalusien über den Balkan zu den russischen Städten am Fuße des Ural mit ihren jahrtausendealten islamischen Stadtteilen.

Europa ist auch – mit den Worten von Navid Kermani - ein „Projekt der Freiheit". Er sagt: "Es war die Verankerung in Europa, die die Demokratie in Deutschland erstmals gelingen ließ; es war der Druck aus Europa, der entscheidend zum Sturz der Diktaturen im Süden des Kontinents beigetragen hat, …; es war die Aussicht, zu Europa zu gehören, die später die osteuropäischen Staaten … angestiftet hat, demokratische Reformen einzuleiten.“ Soweit Navid Kermani, Preisträger der Buber-Rosenzweig Medaille in 2011.

Freiheit, Vielfalt, Europa - wir wissen, dass Europa auch ganz anders geklungen hat und ganz anders erfahren wurde -  und auch heute an unterschiedlich Stellen ganz anders klingt, ganz anders erfahren wird: wo Freiheit unter Druck gerät, wo Vielfalt keine Anerkennung findet.      So blicken wir heute auch mit Sorgen nach Ungarn - und wir blicken geradezu entsetzt heute insbesondere auf die Ukraine. Wir blicken auf Konflikte in Europa, von denen wir hofften, dass sie der Vergangenheit angehören würden, Konflikte, auf die Ministerpräsident Albig nachher noch  eingehen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Freiheit und Vielfalt in Europa erhalten sich nicht von selbst. Es braucht Menschen, die sich dafür einsetzen. Wir freuen uns, heute einen engagierten Streiter für Freiheit und Pluralität in Europa unter uns zu haben. Unseren Preisträger György Konrad. Seien Sie uns ganz herzlich willkommen!  Und wir begrüßen ebenfalls ganz herzlich Hellmuth Karasek. Wir freuen uns, von Ihnen die Würdigung des literarisch-politischen Werkes von György Konrad zu hören. Auch Ihnen ebenfalls ein ganz herzliches Willkommen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen heute Zuschauer und Zuhörer dieser Preisverleihung sein. In Bezug aber auf Freiheit und Vielfalt in Europa, braucht es mehr als Zuzuschauen und Zuzuhören. Lassen Sie uns diese Ehrung hier als Verpflichtung ansehen. Als Verpflichtung, uns selber dafür einzusetzen, dass dieser Dreiklang erhalten bleibt: Freiheit, Vielfalt, Europa.  

Es ist mir ein große Freude und eine Ehre, im Namen des Deutschen Koordinierungsrates der christlich-jüdischen Gesellschaften die Woche der Brüderlichkeit 2014 in Kiel zu eröffnen. Ich danke Ihnen.