"Angst überwinden - Brücken bauen" - Eröffnung der WdB 2018

Begrüßung und Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit 2018 durch die katholische Präsidentin des DKR, Dr. Margaretha Hackermeier, am 11. März 2018 im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen



Sehr geehrte Festgäste,

es ist mir eine große Ehre und persönliche Freude, Sie zum ersten Mal in meiner Funktion als katholische Präsidentin des DKR zur bundesweiten Eröffnungsfeier hier im Ruhrfestspielhaus  zu begrüßen.

Heute stehen wir vor zahlreichen gesellschaftlichen Herausforderungen – viele Menschen werden durch diese Situation entmutigt oder empfinden Angst.

Unser Jahresthema „Angst überwinden – Brücken bauen“ will dieser Entmutigung entgegenwirken.  Angst ist für unser Überleben notwendig. Aber wenn Vertrauen zerstört und Angst geschürt wird, dann müssen wir uns klar sein, dieser Prozess führt zu Entmenschlichung.  

Philosophen haben im 20. Jahrhundert sehr deutlich betont, dass der Mensch Individuum und zugleich ein  soziales Wesen ist. Soziologen haben die These der Philosophen bestätigt. Am meisten hat mich das Experiment beeindruckt, das nachgewiesen hat, dass ein Säugling ohne Zuwendung und Körperkontakt stirbt. Unser alltägliches  Miteinander ist auf Einfühlung, Vertrauen und Empathie angewiesen – und gewöhnlich erleben wir dieses Miteinander ohne Angst, dass der Andere dies ausnutzt, uns angreift oder gar unser Leben gefährden will. Die Verbindung des Menschen mit dem Anderen ist konstitutiv für unser Menschsein. Deshalb müssen Empathie, Vertrauen und Respekt, durch jeden einzelnen von uns und von allen gesellschaftlichen Kräften geschützt werden.

„Die Angst vor den anderen“ ist der Titel der aktuellen Veröffentlichung des Soziologen Zygmunt Baumann. Ja die Angst vor dem Fremden empfinden viele Menschen. Sie erschwert die Verbindung von Mensch zu Mensch. Nochmals: Angst führt zur Entmenschlichung. Wenn politische Strömungen diesen Weg in die Entmenschlichung akzeptieren und befördern, dann entsteht Gefahr. Es werden tiefe Gräben in unserer Gesellschaft aufgerissen.

Mehr denn je sind deshalb Initiativen des Brückenbauens und des Dialoges notwendend. Und um Brücken zu bauen, benötigt man Partner. Ein wichtiger Partner ist die Katholische Kirche: Sie hat Nostra Aetate nach 50 Jahren bestätigt und in dieser Zeit weiterentwickelt. Nicht weniger hat die EKD im vergangenen Reformationsjahr einen neuen mutigen Schritt auf die Juden hin getan: nämlich die eindeutige Absage an die Judenmission und die klare Distanzierung von Luthers judenfeindlichen Äußerungen. Und – was mich am meisten überrascht hat: die Zusage von orthodoxen Rabbinern zum christlich-jüdischen Dialog. Schon im Jahr 2000 haben in den USA liberale Rabbiner die Stellungnahme „Dabru emet“ als Aufforderung zum christlich-jüdischen Dialog veröffentlicht. Aber diese Erklärung „Zwischen Jerusalem und Rom“ wurde von orthodoxen Rabbinern aus Amerika, Europa und Israel verfasst, die lange sehr misstrauisch dem christlich-jüdischen Dialog gegenüberstanden. Jetzt würdigen sie das Christentum ausdrücklich. Und sie wertschätzen den christlich-jüdischen Dialog! Er wird sogar als unentbehrliche Basis für das gemeinsame Wirken von Judentum und Christentum für die Welt gesehen. Die Ernsthaftigkeit dieser Geste bezeugt auch die hochoffizielle Übergabe der Erklärung an Papst Franziskus in Rom im August 2017.

Der Deutsche Koordinierungsrat und die 84 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit sind schon fast 70 Jahre Brückenbauer und setzen auf die genannten Partner. Die großen Schritte im Dialogprozess seit 50 Jahren sind eine Bestätigung und ein klarer Auftrag für unsere Arbeit im Deutschen Koordinierungsrat. Sie motivieren uns, mit derselben Entschiedenheit auch die anstehenden großen Herausforderungen anzugehen.

Genauso gilt dieser Auftrag, Brücken zu bauen, jedem einzelnen. Peter Maffey hat als einzelner bürgerliches Engagement gezeigt: mit Mut und Zivilcourage hat er sich gegen menschenfeindliche Haltungen öffentlich und ausdrücklich zur Wehr gesetzt.  In origineller Weise hat er dies an die Öffentlichkeit gebracht: mit seiner Musik, mit seinen Texten und - mit seinen Konzerten „Rock gegen Rechts“. Peter Maffay, einer aus der Mitte unserer Gesellschaft hat schon früh darauf aufmerksam gemacht: der Rechtsextremismus ist in unserem Land  keineswegs verschwunden. Und er hat dies laut und deutlich eingeklagt. Ich habe großen Respekt vor Ihrem mutigen Handeln und wir alle freuen uns sehr, Sie heute bei uns begrüßen und Sie dafür zu ehren zu dürfen .

ANGST ÜBERWINDEN – BRÜCKEN BAUEN - ich bin überzeugt: Nur auf diese Weise kann der menschliche Zusammenhalt gelingen und gestärkt werden -  heute und in Zukunft.
Deshalb: HABEN SIE MUT, PACKEN SIE AN!

Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit eröffne ich die Woche der Brüderlichkeit 2018.